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Die Sendung zum Nachlesen:
Er war schon immer anders als die anderen. Josef heißt er. Seine Geschichte lese ich im ersten Buch der Bibel. Josef ist ein ruhiger junger Mann, während seine Brüder eher rumtollen und Abenteuer suchen. Josef ist gern daheim. Er ist ein Mensch voll Phantasie, er denkt sich Geschichten aus und ist verträumt. Er träumt viel und erzählt auch anderen von seinen Träumen.
Einmal träumt er von seiner Familie: Er, Josef, ist in der Mitte. Und seine Brüder verneigen sich vor ihm. Warum verneigen sie sich? Weil Josef ein ganz besonderes Kleid trägt. Bibelwissenschaftlerinnen haben herausgefunden: Der Rock, den Josef trägt, ist ein Prinzessinnenkleid. Sein Vater hat es ihm geschenkt, und Josef ist stolz darauf, es zu tragen, und er möchte dafür auch anerkannt werden. Er möchte, dass auch seine Brüder ihn in seinem schönen Kleid schätzen.
Ein Träumer in einem Prinzessinnenkleid, ein Mann mit Frauenkleidung – das ist zu viel für die Brüder. Sie locken Josef aufs Feld, überwältigen und schlagen ihn, sie ziehen ihm den Rock aus und stoßen ihn in eine Grube. Sie verkaufen ihren Bruder an eine Karawane, die vorbeizieht – Josef wird Sklave in Ägypten. Sie beschmieren das Prinzessinnenkleid mit Tierblut und erklären dem Vater: Josef ist tot. Ein wildes Tier hat ihn gefressen.
Die Geschichte geht am Ende gut aus, es kommt zu einer sehr emotionalen Versöhnung zwischen Josef und seinen Brüdern.
Mich macht diese Geschichte wütend. Sie erzählt von roher Gewalt, wie sie auch heute schrecklicherweise vorkommt. Gewalt gegen einen Mann, der anders ist, der sich anders kleidet und vor allem der zu seinen Gefühlen, seinen Träumen und seinem Innenleben steht. Josef, ein Träumer, ein Mann in Frauenkleidern, einer, der durch seine Kleidung das vermeintlich Normale in Frage stellt.
Mir gefällt das, wenn sich jemand anders kleidet. Ich denke an Frauen in dreiteiligem Anzug mit Männerschuhen. An schwule Männer in komplettem Lederoutfit. Oder an Dragqueens, also Männer, die wie Frauen geschminkt sind und Kostüme tragen. Sie machen mich neugierig: Was für ein Mensch steckt in diesen Klamotten, in dieser Hülle?
Kleidung verhüllt den Menschen. Und Kleidung erzählt auch etwas von dem, der drinsteckt. Etwas von seinem Innenleben, von seiner Sehnsucht und seinen Träumen. Josef trägt stolz sein Prinzessinnenkleid. Er steht zu seinen sensiblen Seiten, zu seinen Träumen.
Achte auf deine Träume, sie zeigen dir, was dich im Innersten bewegt, was dir unbedingt wichtig ist, woran du manchmal gar nicht denkst. Träume überraschen dich. Du kannst sie nicht planen, sie dir nicht ausdenken oder erfinden. Sie kommen einfach so.
Im Traum verlierst du die Kontrolle. Manches, was du verdrängt hast, was einfach stört und nervt – im Traum taucht es plötzlich wieder auf, ganz anders, als du es willst. In deinen Träumen siehst du dein Leben neu, anders. Und manchmal schützen sie dich auch vor Unheil, vor Fehlern, sie warnen und lehren dich, wie du leben sollst und könntest…
Am besten schaff dir ein Buch für deine Träume an, schreib sie auf, notier sie. Je früher, desto besser, sonst vergisst du sie. Lies deine Träume und denk über sie nach. Unter deinem Bewusstsein ist so viel verborgen und versteckt an Weisheit. Und diese Weisheit braucht Träume, damit sie auferstehen kann. Und alle Weisheit hat im Letzten mit Gott zu tun. Nimm deine Träume ernst. Gott spricht zu dir, auch durch deine Träume.
Es gilt das gesprochene Wort.