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Die Sendung zum Nachlesen:
Die „Screaming Party“ geht so langsam zu Ende. Das langgezogene, schrille „sriiih“ hat mich den ganzen Sommer über begleitet. Jetzt geht es für die Mauersegler zurück nach Südafrika, bis sie im kommenden Frühjahr wieder bei uns auftauchen. In großen Gruppen kreisen sie morgens und am späten Nachmittag über den Häusern der Nürnberger Südstadt und von meinem Balkon beobachte ich fasziniert ihr tollkühnen Flugmanöver.
Mauersegler sind standorttreu, das heißt, sie werden im kommenden Jahr wieder die Häuserschluchten in meinem Stadtviertel umkreisen, mit bis zu 180 Stundenkilometer an meinem Balkon vorbeirasen, sich hoch in der Luft sammeln, jagen, gleiten, segeln und ihre „screaming parties“ feiern. Zum Glück für sie ist hier noch nicht alles auf Hochglanz saniert, so dass sie noch Lücken im Mauerwerk für ihre Nester finden. Mauersegler verbringen ihr Leben in der Luft: Nahrungssuche, Partnersuche, Schlafen – alles in der Luft. Bis zu zehn Monate können das sein. Nur zum Brüten haben sie Bodenberührung, kommen in ihrer Nisthöhle aber wegen der kurzen Beine eher kriechend voran. Apus Apus lautet ihr zoologischer Name – „der ohne Füße“!
Mich faszinieren diese Vögel. Immer in der Luft! Leicht und unbeschwert sieht das aus von hier unten, lustvoll und spielerisch. Ich selbst fühle mich oft so erdenschwer, so verhaftet mit den Dingen, mit der Arbeit, mit meiner Wohnung, dem Besitz, den Sorgen, der Verantwortung. Machen sich die Mauersegler Sorgen? Ich denke nicht, nicht so im menschlichen Sinn. Sie sorgen füreinander: Mauersegler leben monogam, sie treffen am angestammten Brutplatz ihren Partner wieder, sie sorgen für ihren Nachwuchs. Sie sorgen für sich selbst, in dem sie den Sommer bei uns auf der Nordhalbkugel verbringen und wenn es bei uns kühl ist, ins südliche Afrika fliegen. Aber sie machen sich keine Sorgen, ob „ihr“ Altbau nicht vielleicht doch demnächst renoviert wird und wenn sie im Frühjahr wiederkommen, da vielleicht keine Bruthöhle mehr sein könnte. So wie ich das gerne mache: Was wird wenn? Was wird, wenn ich der Chefin von meinen Veränderungswünschen erzähle? Was wird, wenn mein Mann den Job wieder nicht bekommt? Was wird, wenn meine 90jährige Mutter stürzt? Sorgen, nichts als Sorgen. So leicht und luftig und lebensfroh wie ein Mauersegler wäre ich gern. Kann man das lernen? Wo bitte geht’s zur „Schule der Sorglosigkeit“?
„Seht euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte, und euer Vater im Himmel ernährt sie doch.“
Das wird gleich in der ersten Stunde in meiner Schule der Sorglosigkeit gelernt. Zehnmal in Schönschrift ins Heft schreiben und dann auswendig lernen. Ich meine das so halb witzig und halb ernst: Was man mantramäßig wiederholt, prägt sich auch ein. Aber so ein Satz, den Jesus da sagt, der muss natürlich von der eigenen Lebenserfahrung gedeckt werden. Oder besser von der eigenen Einstellung dem Leben gegenüber. Ich habe den Schrank voll Klamotten, den Kühlschrank voll Essen, auf dem Konto sieht es auch ganz gut aus – aber sorg-loser macht mich das nicht! Ich brauche das Vertrauen ins Leben, dass es für mich sorgt. So wie für meine Mauersegler. Wenn sie demnächst den Langstreckenflug nach Südafrika starten, dann machen sie sich vorher auch keine Sorgen. Sie fliegen los und vertrauen ihrem Instinkt, der Erfahrung und dem Leben.
„Und ihr?“ Fragt Jesus weiter: „Wer von euch kann dadurch, dass er sich Sorgen macht, sein Leben auch nur um eine einzige Stunde verlängern?“ (Mt 6,25 NGÜ)
Nee, mit Sorgen hat noch keine ihr Leben verlängert, vielleicht eher verkürzt, denn Sorgen schlagen auf den Magen. Und aufs Gemüt. Und das wäre die zweite Stunde in meiner Schule der Sorglosigkeit, denn das haben auch schon viele erfahren: die Sorgen bringen nichts, davon kann jede und jeder ein Lied singen. Wir würden also keine screaming party veranstalten, sondern vielleicht eher zusammen singen: „Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn alle Zeit, den wird er wunderbar erhalten!“
Es gilt das gesprochene Wort.